Zu spät

Ich bin zu spät, entschuldige bitte vielmals.

Ganz außer Atem versuche ich dir zu erklären, dass der Busfahrer Schuld ist. Er hat sich verspätet. Nein! Der Wecker war Schuld – er hat einfach nicht geklingelt. Warte, wenn meine Nachbarin nicht so lange mit mir geredet hätte, dann wäre ich bestimmt pünktlich!

Schnell schnaufend gehen mir die Ausreden aus.

Du sitzt zurückgelehnt in dem großen, weichen Sessel des Cafés. Die Cappuccinotasse halb leer. Dein helles Haar ist mit etwas Gel glatt hinter die Ohren geklebt. Du siehst so gut aus, dass mein Herz rattert wie ein Motor an einem kalten Wintertag.

Er versucht auf 100 km/h zu kommen, doch es gibt nach vorne keinen Platz. Dein enttäuschter Blick auf die Tasse lässt den vibrierenden Motor in jeden seiner metallenen Einzelteile zerfallen. Deine Kälte siegt.

Ich erinnere mich an die Tage, an denen du bei meinem Anblick gelächelt hast. Mit offenen Armen ranntest du auf mich zu. Du küsste meine Stirn und ich war der glücklichste Mensch, den diese Welt je gesehen hat.

Du bist zu spät, sagst du und siehst mich nicht an.

Ich erkenne in deinen traurigen Augen, dass du nicht mehr auf mich wartest. Du bist bereits in den nächsten Zug gestiegen, während ich noch zur Haltestelle laufe.

Du bist mir kilometerweit voraus. Und ich komme nicht mehr nach.

Was denkst du?

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