Bildschirm

Blaues Licht erhellt den sonst dunklen Raum.
Auf dem Bildschirm tanzen bunte Pixel.
Sie haben meine vollkommene Aufmerksamkeit.

Die Welt ist klein und enthält alles.
„Hier“, sagt der Algorithmus und präsentiert mir ein Video.
„Das gefällt dir bestimmt. Und wenn es dir nicht gefällt, triggert es dich wenigstens.
Egal, Hauptsache du bleibst da.“

Wie ein eifersüchtiger Freund will der Bildschirm meine ständige Bestätigung.
Ja, ich sehe dich noch. Ja, du bist mir wichtig. Ja, ich verbringe gern Zeit mit dir.

03:34 Uhr morgens.
„Du verlässt mich doch nicht etwa?“, jammert er, aber meine Augen sind bereits zugefallen.

Ich sehe mein Gesicht im digitalen Spiegel und frage mich, wozu.
Ich schaue auf den Bildschirm in Hoffnung und frage mich, wozu.
Ich tauche ein in die Welt von Lisa M., die heuer schon das dritte Auto kaufte und das zweite Haus baute und frage mich…

Und dann wieder so ein Moment:
„Wie komme ich denn hier zum Gasthaus Hausner?“, fragt mich ein Fremder aus dem offenen Autofenster.
Wie eine Schusswaffe packe ich den Bildschirm aus. Jetzt ist seine Zeit gekommen.

Doch der Rest? Die ganze Zeit, die schon hinter mir liegt, wo ich nicht nach dem Weg gefragt wurde? Was ist damit?

03:57 Uhr morgens.
Grelles Licht dringt durch meine geschlossenen Augenlider.
Die gesamte Welt führt ihr Schauspiel vor meinen Augen auf. Nur für mich.

Wie kann ich da wegsehen?

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