Die Depression zu akzeptieren, scheint sie zu verstärken. Die Jahre in denen ich meine Probleme verdrängt hatte, konnte ich zumindest funktionieren. Auch, wenn ich nur das Minimum schaffte und mich dabei schlecht und verzweifelt fühlte.
Nun, im Langzeitkrankenstand und mit Antidepressiva im Blut, scheint alles hoch zu kommen: Die Tage, an denen ich mich selbst vernachlässigt habe. Die Wochen, in denen ich meine Bedürfnisse zur Seite schob. Die Jahre, in denen ich gemacht habe, was ich machen musste, um zu überleben.
Jetzt sitze ich hier: 12:22. Eigentlich sollte ich in der Arbeit sein. Ich sollte spazieren gehen, um meinen Körper zu bewegen. Ich sollte meine Nachbarin besuchen, um mein Sozialleben zu pflegen. Ich sollte meditieren, um wieder in meine Mitte zu finden.
Doch ich sitze hier und fühle mich das erste Mal seit Langem wieder inspiriert zum Schreiben. Ausgerechnet Carrie Bradshaw von Sex In The City hat mir den Anreiz gegeben. Sie ist 30, single und lebt in NYC. Worüber schreibt sie? Über das Leben als 30-Jährige single Frau in NYC. Worüber schreibe ich? Depression.
Ich habe schon alles durch: Suizidgedanken, -pläne und -versuche. Stationäre Aufenthalte, Psychiater, Psychologen, Esoteriker, Apathie und zerbrochene Beziehungen. Seitdem ich circa 14 Jahre alt bin, also bereits über ein Jahrzehnt, kämpfe ich mit meinem eigenen Gehirn.
Ich denke, es reicht. Es ist an der Zeit, glücklich zu sein und das Leben zu genießen. Ich entscheide mich jetzt zu 100% dazu, alles für mich selbst zu tun. Auch, wenn es sich egoistisch anfühlt, werde ich mich selbst an erste Stelle setzen und mir das Leben recht machen.
Niemand anderes wird jetzt meine Liebe und Fürsorge so spüren, wie ich selbst es tun werde. Ich akzeptiere alles an mir: meinen Körper, meine Vorlieben, meine Abneigungen. Auch meine Depression, die nichts weiter als eine Krankheit ist, akzeptiere ich vollkommen. Nichts an mir ist komisch oder abnormal. Ich muss mich für nichts schämen. Alles ist ein Teil von mir. Alles macht mich einzigartig und besonders.
Und das ist keine Entscheidung, die ich jetzt und nie wieder treffen werde. Das sind Entscheidungen, die ich in jedem Moment von Neuem treffe. Täglich, Stündlich, Minütlich muss ich mich an die Wahrheit erinnern. Und zwar: Alles ist gut. Und: Alles wird gut.
Es beginnt mit einem Spaziergang am Fluss und einem Besuch bei meiner Nachbarin.
Was denkst du?